Wartezeiten im Call Center reduzieren – ohne zusätzliches Personal

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Wartezeiten im Call Center zählen zu den größten Nervensägen für Kunden. Und wenn ich das Thema in Unternehmen anspreche, dann dreht sich das Gespräch mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit schnell in eine ganz bestimmte Richtung – die Personalstärke. Dabei gäbe es vor dem aufwändigen Weg einer Personalaufstockung noch eine Reihe anderer Hebel, an denen zu ziehen Abhilfe bringen kann. Die vier aus meiner Sicht erfolgsversprechendsten beschreibe ich in diesem Blogbeitrag.

 

Aber davor schreiten wir zu einer Überprüfung. Ist wirklich zuwenig Personal da? Für Profis aus dem Callcenter-Management ist eine valide Besetzungsplanung eine Selbstverständlichkeit, sie bitte ich diesen Punkt zu überspringen und weiter unten weiterzulesen. Sitzen Sie aber an der anderen Seite der Diskussion, im Personalbüro etwa oder im Controlling, dann verrate ich Ihnen jetzt, wie Sie ganz einfach feststellen können, ob der Ruf Ihres Call Centers nach mehr Personal gut begründet ist.

Sie benötigen die folgenden Daten:

  • Eine Vorhersage des Gesprächsaufkommens. Man schätzt es aufgrund historischer Daten. Wenn beispielsweise im Vorjahr das Gesprächsaufkommen dienstags zwischen 11 und 12 Uhr bei durchschnittlich 800 Gesprächen lag und das Gesprächsaufkommen im Jahresvergleich um 5 % gestiegen ist, nehmen Sie für diesen Zeitraum 840 Gespräche an.
  • Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer pro Kontakt in Sekunden. Sie setzt sich aus der durchschnittlichen Gesprächszeit und der Nachbearbeitungszeit zusammen.
  • Den angestrebten Servicelevel, den Sie selber definieren. 80/20 etwa bedeutet, dass Sie das Ziel haben, 80 % der eingehenden Gespräche mit einer Wartezeit von maximal 20 Sekunden entgegenzunehmen.

Und jetzt brauchen Sie noch einen Erlang-Rechner. Ihre Callcentersoftware hat mit Sicherheit einen integriert, aber für den schnellen Blick von außen tut’s auch die Freeware aus dem Netz, zum Beispiel diese hier: https://www.callcentrehelper.com/tools/erlang-calculator/ Ihre Daten eingegeben, und schon wissen Sie, ob Ihr Personalstand dem aktuellen Gesprächsaufkommen gewachsen ist.

 

Aber nun zu den Hebeln, mit denen Sie Ihre Wartezeiten ohne zusätzliches Personal in den Griff bekommen können:

  1. Der automatische Rückruf. Temporäre Anrufspitzen erzeugen Wartezeiten und wegen solcher kurzfristiger Phänomene die Besetzung hochzufahren ist eine kostspielige Angelegenheit. Mit automatischen Rückrufsystemen werden Anrufer auf die lange Wartezeit hingewiesen und können entscheiden, ob sie in der Leitung bleiben oder einen Rückruf zu einem verbindlich zugesagten Zeitpunkt erhalten wollen. Der wird dann automatisch durchgeführt, sobald die Auslastung dies zulässst. Damit verringern Sie Wartezeiten ganz ohne zusätzliches Personal. Sie glätten einfach die Kurve zwischen Überlastung und Leerlauf. Das deutsche Unternehmen Virtual Q beispielsweise bietet ein entsprechendes System an, das den Kunden beim Rückruf zu einer Zeit geringerer Auslastung in eine Warteschlange reiht, die wesentlich kürzer ist als beim ursprünglichen Anruf. Der Wiener Anbieter BeSharp geht mit seiner Auto Callback-Lösung einen Schritt weiter und lässt den Kunden von einem Agent direkt zurückrufen – persönlich, vollautomatisch und ganz ohne Wartezeit.
  2. Ein beträchtlicher Teil der Anrufe in Ihrem Servicecenter bringt weder Ihnen noch Ihren Kunden etwas. Nutzlose Anrufe zu identifizieren und zu eliminieren kann Ihre Wartezeiten ganz ohne zusätzlichen Personaleinsatz in den grünen Bereich bringen. Urgenzen zählen dazu, Nachfragen ob Mails, Faxe, Bestellungen eingegangen sind, Verständnisfragen nach Briefen, Usability-Probleme auf der Website etc. Hier muss die Ursache ausgeschaltet werden, nicht das Symptom behandelt. Allen diesen Gesprächen ist gemeinsam, dass sie andernorts ausgelöst werden als sie eingehen. Es muss daher nach dem Verursacherprinzip vorgegangen werden.
  3. Automatisierung von Routinedialogen. Voice-Bots sind noch lange nicht perfekt, aber sie können schon viel mehr, als Sie ihnen möglicherweise zutrauen. Sie können Ihre Agents nicht völlig ersetzen, ihnen aber Routinearbeiten abnehmen. Geeignete Automatisierungskandidaten sind beispielsweise Bestellungen, Terminvereinbarungen, Anfragen nach Verfügbarkeiten und Reservierungen aller Art etc. Gespräche also, die einen sehr ähnlichen, gut antizipierbaren Verlauf nehmen. Ihre Kunden werden es Ihnen danken, wenn sie ihre Anliegen rasch, zuverlässig und ohne Wartezeit per Sprachtelefonie erledigen können und den Bot als Gesprächspartner gern in Kauf nehmen.
  4. Optimierung des Gesprächsverlaufs. Kürzer ist besser, für Sie und für Ihre Anrufer. Optimierungsmöglichkeiten gibt es unserer Erfahrung nach immer. Und auch wenn es sich nur um ein, zwei Sekunden pro Gespräche handelt – multiplizieren Sie diese Zeit einfach einmal mit ihrer Gesprächanzahl pro Jahr, dann erkennen Sie schnell, welches Potential dieser Schritt hat. Identifizieren Sie also mögliche Abkürzungen in ihren Gesprächsprozessen und trainieren Sie Ihre Agents in der Umsetzung!

 

Wenn Sie gerne über mögliche Ansätze zur Verbesserung Ihrer spezifischen Wartezeitensituation mit mir sprechen möchten, freue ich mich auf Ihre Anfrage!

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