Als John-Dylan Haynes, Neurowissenschaftler am Max Planck Institut in Leipzig, vor einigen Jahren seine Probanden in einen Kernspintomografen legte und sie bat, in selbstgewählter Reihenfolge auf einen von zwei Knöpfen zu drücken, gewann er eine Erkenntnis, die all das, was wir über das Treffen von Entscheidungen zu wissen glaubten, gehörig auf den Kopf stellte. Er fand nämlich heraus, dass die Entscheidung für einen der beiden Knöpfe bereits 10 Sekunden früher fällt, als es dem Entscheider bewusst wird.
Das heißt, diese Entscheidungen werden nicht bewusst, sondern unbewusst getroffen. Das macht einen gewaltigen Unterschied. Unser Unterbewusstsein entscheidet nämlich emotional, nicht rational. Es interessiert sich kein bisschen für Zahlen, Tabellen, Formeln und Argumente aus dem Reich der Vernunft. Es entscheidet nicht nach sorgfältiger Abwägung aller relevanten Informationen sondern aus dem Bauch heraus und nach Gefühl.
Während Sie also vor der Feinkosttheke stehen und immer noch nachdenken, ob Sie nun die Leberkässemmel oder das Vollkornweckerl mit Kräuter-Magertopfenaufstrich nehmen sollen ist die Entscheidung in Wirklichkeit längst gefallen. Sie wissen es nur noch nicht.
Was bedeutet das nun für die Kommunikation im Verkauf? Können wir uns all die Powerpoint-Präsentationen und Produktinformationen, in denen wir mit Daten und Fakten argumentieren, einfach sparen? Sollen wir unsere Kunden mit rationalen Argumenten gar nicht erst belästigen? Nun, so einfach ist das nicht. All die Vernunftargumente spielen nämlich sehr wohl eine wichtige Rolle im Verkaufsprozess. Aber nicht vor der Entscheidung sondern danach. Sie sind ganz wesentlich dafür, unsere durch und durch unvernünftigen unbewusst getroffenen Bauchentscheidungen vor unserem Bewusstsein zu rechtfertigen. Verkäufer kommunizieren also rationale Argumente, damit sich ihre Kunden mit ihrer Kaufentscheidung auch im Nachhinein noch wohlfühlen.
Es ist deshalb gut und richtig, dass Verkäufer in ihrer Ausbildung lernen, stichhaltige, logische Argumente zu formulieren. Die Argumentation ist die Sprache, in der sie mit dem Bewusstsein Ihrer Kunden kommunizieren. Die Kaufentscheidung treffen diese aber, wie oben ausgeführt, unbewusst.
Unbewusst nehmen wir alles wahr, was um uns geschieht. Das Bewusstsein blendet beispielsweise auf einer Autofahrt aus, wie schnell die Autos auf der Gegenfahrbahn fahren, wie sich der Voranfahrende verhält, wie sich das Wetter graduell verändert etc. Unbewusst registrieren und verarbeiten wir diese Eindrücke. Und das Unterbewusstsein schützt uns so intuitiv vor Gefahren. Das tut es auch im Kontakt mit Verkäufern.
Unterschätzen Sie also niemals die Macht des ersten Eindrucks, der Begrüßung, des Händedrucks, des Small Talks, der Umgebung, Ihres Outfits, Ihrer Körpersprache, eines Lächelns oder der Qualität des Kaffees. Machen Sie sich bewusst, dass Ihre Beziehung zum Kunden mehr Einfluss auf den Verkaufserfolg hat als Ihre sachlichen Argumente. Vermitteln Sie Ihren Kunden zuerst ein gutes Gefühl und später die Fakten. Bauen Sie Vertrauen auf, bevor Sie argumentieren. Setzen Sie Ihre Botschaft in einen Rahmen, in dem sich Ihre Kunden wohlfühlen. Das gilt im persönlichen Kontakt ebenso wie am Telefon oder im Chat und es gilt für menschliche Verkäuferinnen und Verkäufer ebenso wie für Apps und Chatbots. Und wenn Sie künstliche Intelligenz in Ihre persönlich geführten Verkaufsgespräche integrieren, also etwa die Bedarfsanalyse und die Beratung menügestützt am Notebook oder Tablet ausführen, dann ergeben sich daraus ganz neue Ansätze für die Gestaltung Ihrer Kundendialoge. Wir unterstützen Sie dabei sehr gerne mit unseren Trainings zu diesem Thema.
Robert Cialdini, einer der renommiertesten Experten auf dem Gebiet der Überzeugungskunst, hat dafür einen eigenen Begriff geprägt – „Pre-Suasion“. Ein Wortspiel, das seine Wurzeln in den Begriffen „Pre-Sales“ und „Persuasion“ hat. Wie am Acker sei das, meint Cialdini. Selbst wenn du den besten Samen ausstreust, wird er nur dann den gewünschten Ertrag bringen, wenn du zuvor den Boden bereitest. Recht hat er.